Brille – lieber billiger?

Brille - lieber billiger?
Gastblog von Daniel Schaub, Augenoptiker (nippesoptik, Köln)

Alles muss billiger sein – Auswüchse der Rabattschlacht am Beispiel einer Brille

Zu sparen ist ein gutes Gefühl. Warum nicht eine Brille daher billiger anbieten? Und noch billiger und noch billiger und am Ende gibt es sie für 20 Euro. So beworben bei einem großen Filialisten.

Anbieten kann er das. Von der Qualität ganz zu schweigen, bleibt bei diesem Sparangebot überhaupt noch etwas in der Ladenkasse übrig? Ich möchte Sie auf eine vereinfachte, betriebswirtschaftliche Reise mitnehmen:

Wie lange nimmt ein Kunde den Optiker in Anspruch?

10 Minuten für die Brillenauswahl, 10 Minuten für den Sehtest, 10 Minuten für das Anpassen der Brille und den Kassiervorgang. Macht zusammen eine halbe Stunde.

Aber es sind noch Nacharbeiten erforderlich: Irgendjemand muss schließlich die Gläser einarbeiten. Zusammen mit der Verwaltungsarbeit kommen wir schnell auf eine ganze Stunde für eine verkaufte Brille. Eine Stunde.

Nehmen wir ein augenoptisches Fachgeschäft mit monatlichen 2.000 Euro Raumkosten und 6 Optikern mit insgesamt 12.000 Euro Lohnkosten. Da 260 Betriebsstunden im Monat die Arbeitszeiten des einzelnen übersteigen sind vom Personal täglich 3 im Verkauf, einer im Büro/Werkstatt und die anderen 2 haben ihren freien Tag.

Daraus ergeben sich 54 Euro, die der Betrieb durchschnittlich in einer Stunde einnehmen muss, um die Unkosten zu decken.

3 Optiker verkaufen jeweils eine Brille für 20 Euro in der Stunde und setzen somit 60 Euro brutto um. Das sind 50 Euro nach Steuern.

50 Euro netto Einnahme abzüglich 54 Betriebskosten ergibt einen Minusbetrag.

Der Betrieb macht trotz Verkaufs einen Verlust!

Wie rechnet sich das ‘immer billiger’? Bemerkenswert ist:

  • Die Materialkosten sind noch gar nicht eingerechnet.
  • Die Raumkosten wären bei einer guten Lage zu niedrig angesetzt.
  • Der Stundenlohn der mehrjährig ausgebildeten Fachleute wäre nur knapp über dem gesetzlichen Mindestlohn.
  • Eine Stunde Arbeit für eine Brille ist sehr flott.

Bei diesem Beispiel gäbe es keinerlei „Leerlauf“ beim Verkauf.

Dem Chef des Ganzen ist diese Rechnung natürlich bewusst und er wird seinen Angestellten nahelegen dem Kunden ein teureres Produkt, als das beworbene zu verkaufen! Ansonsten müssen die anderen, spendableren Kunden dieses Schnäppchen mitfinanzieren. Irre!

 

Über den Autor

Daniel Schaub ist Augenoptiker aus Leidenschaft und mit seinem Geschäft, nippesoptik in Köln, Mitglied bei BUY LOCAL.

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About Author /

Dennis Gladner ist Leiter für Marketing und Kommunikation bei Buy Local - Erlebe Deine Stadt eG.

1 Kommentar

  1. Uwe
    Sonntag, 11. August 2019 at 13:20

    Danke für den Beitrag! Er beschreibt sehr anschaulich, dass so niedrige “Ramschpreise” eigentlich nur dazu da sind, die Konkurrenz kaputt zu machen und auf absehbare Zeit der einzige Überlebende am Markt zu sein.

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